Die Cholera vor den Toren Wittlaers

Nach Aufzeichnungen der katholischen Pfarrer Waldhausen und Ostertag

12. August 1832. Da die asiatische Cholera sich immer mehr der hiesigen Gegend nähert und wir fast von allen Seiten von dieser gefährlichen Krankheit bedroht sind, so hat der Herr Erzbischof zugegeben, daß die vorgeschriebene Segensmesse um Abwendung der Cholera auch nun nach Ablauf der 2 Monate fortgesetzt werden könne. Um bei anhaltendem Gebete und Vertrauen auf Gott auch sonst alles zu tun, was die furchtbare Krankheit von unserer Gemeinde abhalten kann, so hat sich am vorigen Sonntage in Folge höherer Verfügung der hiesige HülfsVerein gegen die Cholera versammelt und beschlossen, folgendes bekannt zu machen:

Reinliche und gesunde Wohnungen, gute und reine Bekleidung, Mäßigkeit und Vorsicht im Essen und Trinken und jegliche Sorgfalt vor Erhitzung und Erkältung sind die besten Schutzmittel gegen die Cholera. Es werden daher, die Mitglieder der hiesigen Gemeinde ersucht:

1. ihre Wohnungen, wenn solche lange nicht ausgeweißt worden sind, ausweißen zu lassen, die Hausgeräte und Mobilien öfter mit Seife zu scheuern und die Hütten und Ecken der Wohnungen zu reinigen;

2. alles aus den Hütten und Ecken der Wohnungen zu schaffen, was Fäulniß, Ausdünstungen und bösen Geruch verursachen und die Luft vergiften kann;

3. die Wohnungen, besonders die Schlafstuben, öfter dem Tag über zu lüften und des Abends beizeiten zu schließen;

4. schon im voraus auf eine, womöglich abgelegene gesunde Stube Bedacht zu nehmen, wohin ein Kranker im Falle des Ausbruchs der Cholera gelegt werden kann;

5. allen stehenden Gewässern in der Nähe der Wohnung den nötigen Abfluß zu verschaffen und die Mistgruben öfter mit Stroh zu bedecken.

Ferner werden die Feldarbeiter und Dienstboten ermahnt, sich zu hüten, daß sie bei erhitztem Körper kein kaltes Wasser noch saures Bier trinken, noch unzeitiges Obst, besonders die so ungesunden und schädlichen süßlichen Pflaumen essen. Hausmütter werden Sorge tragen, daß die frischen Gemüse, besonders die Bohnen, gut gewaschen und gereinigt und dann gekocht werden. Eltern werden verhüten, daß ihre Kinder das unzeitige Obst, besonders die schädlichen Quetschen, essen. Um sich davon zu überzeugen, daß diese Vorschriften, insbesondere in Hinsicht des Ausweißens der Häuser, Folge geleistet wird, so werden die Mitglieder des Hülfsvereins sich nach Ablauf von 14 Tagen in die Häuser begeben und die Säumigen der Polizei anzeigen; ja, es ist sogar Nachbarpflicht, daß jeglicher bei dem betreffenden Ortsvorsteher Anzeige macht, wenn sein nächster Nachbar den bestehenden Vorschriften keine Folge leistet und deshalb alle benachbarten Häuser mit in die Gefahr bringen.

16. September 1832. Da die Cholera nun auch in Emmerich, Mülheim an der Ruhr und in Aachen ausgebrochen ist, so werden die Pfarrgenossen ermahnt, ihr Gebet zu verdoppeln und des morgens und abends bei der Hausandacht zu Gott zu flehen, daß er uns vor dieser Krankheit beschützen und bewahren wolle.

Unser hochwürdigster Herr Erzbischof hat unter den obwaltenden Umständen, wo die Cholera im Erzbistum ausgebrochen, dem Gesundheitszustande eine erhöhte Aufmerksamkeit und Fürsorge geschenkt werden soll und Fische nach dem Zeugnis der Ärzte schädlich sind, das diesjährige Abstinenzgebot bis zur nächsten Fastenzeit aufgehoben und es ist deshalb den Pfarrgenossen bis dahin erlaubt, an allen Tagen Fleisch zu essen, auch am Freitage.

30. September 1832. Da die asiatische Cholera nun auch in Duisburg ausgebrochen ist, so hegt die hiesige Ort-Sanitätskommision das Zutrauen zu den Pfarrgenossen, daß diejenigen, welche bis jetzt ihre Wohnungen noch nicht ausgeweißt haben, selbige in dieser Woche ohne Zögerung werden ausweißen lassen. Bei der bevorstehenden Kirmes, wo ohnehin die Bewohner ihre Häuser und Wohnungen reinigen und säubern, wollen sie ihren Sinn für Reinlichkeit und Sauberkeit vorzüglich bewähren und auch in der Nähe der Wohnungen und um die Häuser herum alles wegschaffen, was die Luft verunreinigt, allem stehenden Gewässer Abfluß verschaffen und die Mistgruben mit Stroh bedecken.

30. Dezember 1832. Im Regierungsbezirk Düsseldorf hört die Cholera auf.

Mitgeteilt von Jakob Kau